Februar 2019

Einmal quer durch die Bayerischen Alpen

Was für eine Aussicht! Wir sitzen mit dem Rücken an der Wand des Brünnsteinhauses, lassen uns die Sonne ins Gesicht scheinen und genießen den Ausblick über das Inntal und den Wilden Kaiser bis zum Großvenediger und tausende andere Alpengipfel. Die ersten vier Tage unserer Durchquerung der Bayerischen Alpen liegen hinter uns.

 

Diese Durchquerung ist ein Projekt, das vor fast 10 Jahren begann. Irgendwie entstand die Idee, all die wohlbekannten Skigipfel unserer Hausberge in einer Durchquerung aneinander zu reihen. Natürlich sind wir nicht die ersten, die auf diese Idee kamen, aber es sollte unsere persönliche Durchquerung werden – mit eigener Planung und Durchführung. Wir entwarfen eine Grobroute von Lenggries nach Ruhpolding. Aber immer, wenn wir Zeit hatten, passten die Verhältnisse nicht: entweder optimaler Schnee aber keinen Urlaub, oder zu wenig Schnee, oder die Lawinenlage war uns zu heikel. 

 

Mitte Februar 2019, nach den Megaschneefällen, war der Schnee gut gesetzt, eine lange Schönwetterphase angesagt und selbst in den Tälern lag meterhoch Schnee. Und wir hatten die letzte Februarwoche Urlaub. Also wurde die alte Grobroute herausgezogen, wir passten sie noch hie und da etwas an, suchten uns passende Unterkünfte für unterwegs und zogen los.

 

Ein bisschen angespannt waren wir schon. Zwar kannten wir fast alle Gipfel auf der Route, aber meist nur von einer Seite. Ob uns die Überschreitung mit der Abfahrt auf der für uns unbekannten Rückseite überall gelingen würde, war das Abenteuer. 

 

Mit der Bahn ging es nach Lenggries. Noch hingen Wolken im Tal, aber die Sonne kündigte sich schon an. Erst zu Fuß, dann mit den Skiern stiegen wir über die Lenggrieser Hütte auf zum Seekarkreuz. In die Steilhänge Richtung Schwarzentennalm knallte die Februarsonne und Gleitschneeanrisse mahnten zur Vorsicht. Über den Rücken umfuhren wir die steilsten Stellen und konnten unser Glück kaum fassen, dass wir einen wunderbaren, fast unverspurten Firnhang genießen konnten. Unten war der Fahrweg dann aber eher ruppig und der Wiederaufstieg rüber zu den Hirschbergliften zog sich dann ziemlich in die Länge, so dass wir froh waren, am späten Nachmittag nach knapp 30 km Strecke über die Pisten abschwingen zu können.

Tag 2 der Durchquerung: auf den Wallberg sollte es gehen. Morgens war es richtig frostig, so dass unsere Entscheidung nicht glücklich war, über die steile, beinharte alte Skipiste aufzusteigen. Schließlich stapften wir zu Fuß nach oben, bis wir wieder auf den Wanderweg queren konnten. Oben am Sattel waren die Mühen schnell vergessen – zu schön der Blick auf Blankenstein und Risserkogel und zurück zu Rossstein und Buchstein. Über wieder mal fast unverspurte Firnhänge ging’s Richtung Sutten. Dort gab’s dann Mittagessen bevor wir gemütlich in der frühlingshaften Sonne südseitig zum Stümpfling aufstiegen.

Nach der Nacht am Spitzingsee ging’s den altbekannten Fahrweg hoch zum Rotwandhaus. Ein klares Plus einer Durchquerung der bayrischen Alpen: an jedem Tourentag findet sich auch unterwegs noch eine Hütte für das Mittagessen, so dass wir als Tourenverpflegung nur Getränke und ein bisschen Knabbersachen dabei hatten und das leckere Essen der Hütten genossen – heute am Rotwandhaus. J

Es war Montag. Während wir bis zum Rotwandhaus noch Gesellschaft von ein paar Winterwanderern hatten, waren wir an der Auerspitz komplett allein. Unglaublich! Und so zogen wir die ersten Spuren, mal wieder in einen herrlichen Firnhang – jauchzend ging es bis unterhalb der Soinalmen. Der weitere Forstweg vorbei am Sillberghaus machte wieder die aktuelle Schneesituation bewusst: immer wieder Schneerutsche quer über den Weg und viele durch Schneebruch querliegende Bäume. Etwas mühsam bahnten wir uns unseren Weg, bevor wir die letzten Kilometer auf der Langlaufloipe zur Bäckeralm skatend mit unserer Tourenausrüstung für etwas verwunderte Blicke sorgten ;-)

Das folgende Teilstück forderte eine überlegte Routenwahl. Der eigentlich über das Nesseltal geplante Aufstieg zum Traithen war uns wegen der frühlingshaften Temperaturen und Gleitschneethematik in dem großen Südhang zu heikel. So ging es stattdessen vom Stockerparkplatz über einen Wanderweg westseitig hinauf in den Sattel zwischen Großen und Kleinen Traithen. Wieder genossen wir die Ruhe – kaum jemand unterwegs, lediglich hoch über uns am Gipfel sahen wir einen anderen Skitourengeher. So cruisten wir wieder über schöne Firnhänge und in leichtem Auf und Ab ging es hinüber zum Brünnsteinhaus. Auf dieser Aussichtsterasse hat man wahrscheinlich den weitesten Blick über die Alpen. Und so ließen wir uns die leckeren Eintöpfe in aller Ruhe schmecken, bevor wir über die Rodelbahn hinab in die Mühlau kurvten. Noch einmal einen Anstieg Richtung Hocheck, auf dem wir uns mal wieder den Weg durch quer liegende Bäume bahnen mussten, bevor wir uns nach der Pistenabfahrt und insgesamt wieder knapp 25 km Strecke das Bierchen im Liftstüberl in Oberaudorf schmecken lassen konnten. 

Das Inntal war erreicht! – und damit der Hauptteil, die bayerischen Alpen, durchquert. Aber wir wollten ja noch weiter. Für den Sprung über das Inntal genehmigten wir uns ein Taxi, das uns die 13 km nach Sachrang hochfuhr. Heute wollten wir es ruhig angehen lassen – die mögliche Erweiterung über den Spitzstein ließen wir links liegen und stiegen die 700 Hm zur Priener Hütte auf, wo wir den Nachmittag auf der sonnigen Hüttenterasse genossen.

Mit jedem Tag wurde es wärmer. Es war nun schon die zweite Nacht, in der es nicht mehr durchfror. Nach ruhigen Tagen war es heute schon morgens ziemlich windig und nach der Stunde Aufstieg zum Geigelsteingipfel pfiff uns der Wind um die Ohren. Der Wetterbericht sagte für den folgenden Tag starken Regen an. So entschieden wir uns, die Durchquerung am Geigelstein zu beenden und die uns bekannte Route nach Sachrang abzufahren. Ein letztes Mal genossen wir schönen Firn und sausten über die Rodelbahn bergab, bevor wir stolz über unsere erfolgreiche Durchquerung und die wunderbaren Tage zur Bushaltestelle stiefelten.

Unser Fazit:

  • Auch in unseren Bayerischen Bergen lassen sich neue Erfahrungen machen und Abenteuer erleben. 
  • Eine Durchquerung ist auch für Genussskitourengeher wie uns machbar und ein herrliches Erlebnis. 

Und vielleicht holen wir die verbleibenden Etappen bis Ruhpolding ja bei einer anderen Gelegenheit nach…


Unsere Route:

Kartenquelle: outdooractive.com

Die technischen Details:

  • Tag 1:    Lenggries – Seekarkreuz – Schwarzentenn – Hirschberglifte – Scharling – (mit dem Bus oder per Anhalter nach Rottach-Egern) -> 1.300 Hm, 28 km
  • Tag 2:    Rottach-Egern – Wallberg – Sutten – Stümpfling – Spitzingsee -> 1.250 Hm, 15 km
  • Tag 3:    Spitzingsee – Auerspitz – Sillberghaus – Bäckeralm -> 850 Hm, 20 km
  • Tag 4:    Bäckeralm – Stockerparkplatz – Kleiner Traithen – Brünnsteinhaus – Mühlau – Hocheck – Oberaudorf -> 1.280 Hm, 24 km
  • Tag 5:    (mit dem Taxi von Oberaudorf nach Sachrang, knapp 30 Euro) – Priener Hütte -> 700 Hm, 8 km
  • Tag 6:    Priener Hütte – Geigelstein – Sachrang -> 400 Hm, 10 km